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Was ist Transnistrien?

Die "Transnistrische Moldauische Republik" - wie die offizielle Staatsbezeichnung Transnistriens lautet - ist ein schmaler Streifen Land zwischen der Richtung Rumänien und der EU strebenden Republik Moldau (Moldawien) und der Ukraine. Es wird von keinem anderen Land der Welt anerkannt. Völkerrechtlich gehört der winzige Staat zur Republik Moldau, jedoch besitzt die moldauische Regierung dort keinen Einfluss. Transnistrien hat einen eigenen Präsidenten, ein Parlament, eine Verfassung, eine Armee, eine Währung (die an den russischen Rubel gekoppelt ist) und auch eine Nationalhymne ("Rühmt die Gärten und Fabriken").
Auf der Nationalflagge Transnistriens sind - weltweit einzigartig - Hammer und Sichel abgebildet; der Geheimdienst heißt KGB und das Parlament Oberster Sowjet. Gern wird das Land als "letzter Rest der UdSSR" beschrieben.

Warum gibt es Transnistrien?

Transnistrien, 1990, nach einem blutigen Bürgerkrieg entstanden, hat 2014, als in der Ukraine der nächste Krieg begann und Wladimir Putin plötzlich von Neurussland sprach, die Aufnahme in die Russische Föderation beantragt. Die Region hatte sich Anfang der 1990er-Jahre in einem Bürgerkrieg von der Republik Moldau abgespalten, nachdem diese sich wiederum von der Sowjetunion unabhängig erklärt hatte. Russland schritt aufseiten Transnistriens ein und beendete die Kämpfe. Russland unterhielt bereits vor dem aktuellen Ukrainekonflikt eine sogenannte Friedenstruppe. Bis heute sind russische Soldaten dort stationiert. Heute handelt es sich um einen eingefrorenen Konflikt im Spannungsfeld zwischen Russland und dem Westen. 

 

Zusammen mit den ähnlich gelagerten Fällen Bergkarabach, Gagausien, Abchasien und Südossetien bildet Transnistrien heute die Gemeinschaft nicht-anerkannter Staaten. Der De-Facto-Staat ist sehr stark mit Russland verbunden: politisch, wirtschaftlich und symbolisch.

Warum nach Transnistrien reisen?

Ein Spaziergang durch Tiraspol hat etwas von einer Zeitreise in die Sowjetunion. Überall gibt es riesige Denkmäler, mal erinnern sie, wie in der Hauptstadt Tiraspol in Form eines Kampfflugzeuges, an den blutigen Konflikt; mal an kommunistische Idole wie Wladimir Iljitsch Uljanow (Lenin). Plakate sind in Kyrillisch, Ladas fahren auf den Straßen, Ostblockarchitektur dominiert das Stadtbild und einen Oligarchen haben sie auch.

 

Allgegenwärtig in dem Land, das gerade einmal 200 km lang und bis zu 20 km breit ist: „Sheriff“. Die Firma, die diesen Namen trägt, findet man nämlich wirklich an jeder Ecke in Transnistrien. Alle Tankstellen: Sheriff. Die einzige Supermarktkette? Sheriff. Sogar ein Verlag, eine Fischfarm für Beluga Kaviar, ein Fernsehsender und ein Fußballverein gehören zu dem Imperium. Dem Konzern, der von zwei ehemaligen Polizisten gegründet wurde, werden auch windige Machenschaften und Geschäfte bis hin zum Drogen-, Waffen- und sogar Menschenhandel nachgesagt. Die Macht im Land sichere der Konzern dadurch, dass viele der Politiker früher für „Sheriff“ gearbeitet haben oder immer noch arbeiten, so zum Beispiel auch der aktuelle Präsident, der dort einst Sicherheitschef war.

 

Sie haben mit dem FC Sheriff ihren eigenen Fußballverein, der in der Champions League Saison 2021/2022 den späteren Sieger, Real Madrid, in der Gruppenphase geschlagen hat. Außerdem ist der Verein das einzige, was Transnistrien mit der Republik Moldau verbindet, da der FC Sheriff in der moldauischen Liga spielt und sie mehrmals gewonnen hat. Sogar die Fußballnationalmannschaft trägt ihre Spiele manchmal im neuen Stadion in Tiraspol aus. 

Wie komme ich über die Grenze?

Zugegeben: Aufgrund des Krieges in der nahegelegenen Ukraine war ich etwas unsicher, ob ich Transnistrien besuchen sollte. Auch gab es nicht viele positive Berichte von Transnistrien, es schien, als hätten alle dort mit irgendwelchen Problemen zu kämpfen (entweder mit Bürokratie oder Korruption).

 

 

Ausländer, die Transnistrien besuchen möchten, können das Gebiet nur über wenige zugewiesene Kontrollpunkte betreten. Ein bisschen ängstlicher als sonst war ich schon. Wie sich herausstellte gab es am Grenzübergang bei Bendery natürlich nichts zu befürchten. Die ganze Prozedur dauert gerade mal 15 Minuten inklusive der Ausstellung einer Art "Visum", das international niemand als solches anerkennt und das man immer bei sich zu tragen hatte. Viele Deutsche scheinen dort aber noch nicht gewesen zu sein, so wie der Grenzposten meinen deutschen Reisepass anschaute.

 

Und danach muss man sein Geld noch in eine Währung eintauschen, die nirgendwo sonst auf der Welt etwas wert ist: der transnistrische Rubel.

 

Letztendlich gab es nie eine Situation, in der ich mich unwohl gefühlt oder mich in Gefahr gesehen hätte. Viele Touristen schienen in dem abtrünnigen Gebiet aber nicht unterwegs gewesen zu sein.

Was gibt es in Transnistrien zu sehen?

Bender/Bendery

Unser erster Halt war die Stadt Bendery, mit seiner Festung Bendery - ein beeindruckendes Bauwerk aus dem 16. Jahrhundert, das im osmanischen Stil erbaut wurde. Früher komplett eine Militärbasis wurde ein Teil zum Hotel umgebaut und teilweise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. In diesem Hotel quartierten wir uns ein. Da gleich nebenan immer noch die sogenannten russischen Friedenstruppen stationiert sind, konnte uns also nichts passieren.

Tiraspol

Eine Liste von Dingen, die man in Tiraspol unternehmen und sehen kann:

 

  • Victory Park mit alten Fahrzeugen für Kinder und einem geschlossenen, rostigen Freizeitpark. Anscheinend ist dies einer der beliebtesten Orte zum Entspannen für Einheimische, aber als ich unter der Woche mittags dort war, gab es nur ein paar Mütter und Großmütter, die mit ihren Kindern herumspielten.
  • 25. Oktober Straße – die wichtigste und repräsentativste Straße von Tiraspol, wo sich alle wichtigen Institutionen befinden
  • Das Haus der Sowjets, jetzt das Rathaus, mit einer Büste von Lenin davor und einer Ausstellung der denkwürdigsten Bürger von Tiraspol 
  • Der Wollant Park am Ufer des Dnjestr mit zahlreichen Skulpturen (darunter Katharina die Große) 
  • Kleine orthodoxe Kirche, Panzerdenkmal, ewige Flamme und Kriegerdenkmal mit den Namen all derer, die im Krieg von 1990-1992 ihr Leben verloren haben
  • Das Gebäude der Regierung von Transnistrien mit einer Lenin-Statue davor. Zuvor hatte ich gelesen, dass man von einem Sicherheitsmann befragt wird, sobald man Fotos des Gebäudes macht. Ich wurde aber von niemandem gestört.
  • Palast der Kinder- und Jugendkreativität
  • Ein Denkmal von General Alexander Suworow, dem Gründer von Tiraspol und einem militärischen Helden der russisch-türkischen Kriege des 18. Jahrhunderts
  • Stadthaus der Kultur
  • Das Stadion vom FC Sheriff

Lohnt sich ein Besuch von Transnistrien?

Die Hauptstadt ist sicherlich nicht die schönste Stadt, die ich bisher besucht habe. Dafür war es aber ein ziemlich interessanter Ort. Es scheint, als wäre es die letzte Bastion der Sowjetunion, voll von den Überresten der Vergangenheit.

 

Die Straßen sind nach den Persönlichkeiten des Marxismus-Leninismus benannt: Lenin, Marx, Liebknecht, Rosa Luxemburg; Sichel und Hammer sind fast überall und es gibt mindestens zwei Denkmäler von Lenin nur auf der Hauptstraße. Die meisten Gebäude sind im Stil des Sozialistischen Realismus gebaut.

 

Es ist wahrscheinlich einer der seltsamsten Orte, die man auskundschaften kann, der einen in die Vergangenheit zurückversetzt. Aber es ist immer noch eine sehr angenehme Reise, die einem die Möglichkeit gibt, einen echten Ort abseits des Weges zu finden, mit Einheimischen, die immer noch irgendwie in der Vergangenheit leben.

 

 

Es ist nicht die Reise zu schönen Orten, es ist eine tolle Erfahrung! 

 

 

 

 

 

Danke an @Soviet_tours für die großartige Organisation der Reise!